Für einen neutralen Zuschauer oder aber Journalisten, der nicht unbedingt zu einer dieser beiden Mannschaften hält, war das ein grandioses Spiel, über das man viel schreiben konnte.
Hat man es, so wie in meinem Fall, schon seit mittlerweile 15 Jahren mit den Löwen, dann muss man das Gesehene doch erstmal sacken lassen, ehe man sich an einen Rückblick, Bericht wagen kann; will man das Gesehene doch am liebsten aus dem Gedächtnis streichen.
Ostermontag, über 6.000 Zuschauer trotz Parkplatznotstand in der Eissporthalle zu Frankfurt. Die Stimmung eines Finales würdig und der Leckerbissen angerichtet.
Zunächst zeigten sich die Frankfurter wie im zweiten Spiel der Serie in Ravensburg: solide und stark in der Verteidigung, aggressiv und zielstrebig in der Offensive. Der Gegner wurde im Zaun gehalten und selbiger konnte keine allzu großen Chancen herausspielen.
Doch auch auf der eigenen Seite blieben die Hochkaräter aus. Erst in der dritten Überzahlsituation konnte der Vorteil dann auch schnell in die Führung in der 17. Minute umgemünzt werden.
Ähnlich verlief das zweite Drittel, in dem auch etwas mehr Härte im Spiel aufkam. Verglichen mit dem ersten Spiel in der Serie hielten sich die Auseinandersetzungen jedoch deutlich in Grenzen.
Aber auch in diesem Drittel waren es die Special Teams, die den Unterscheid auf die Anzeigetafel brachten. Zunächst bei 5 gegen 3 und kurz darauf bei 5 gegen 4 zeigte sich die starke Frankfurter Überzahl mit zwei Toren, die zum 3:0 innerhalb einer Minute führten.
Wenige Minuten später gab es einen Penalty für die Löwen, der von Skokan eindrucksvoll verwandelt wurde. Er setzte das 4:0 und damit auch den zweiten Pausenstand auf die Anzeigetafel.
So weit, so gut. Haken dran, das Spiel ist wohl gegessen.
Als Zuschauer darf man so denken und dies auch so erwarten. Allem Anschein aber nach haben auch die Löwen so gedacht und das folgende letzte Drittel des Spiels war, als hätte man sämtliche Akteure auf beiden Seiten ausgetauscht.
Während sich die Frankfurter nicht mehr so intensiv um die Verteidigung kümmerten und auch beim Anschlusstreffer Driendl frei im Slot einfach mal stehen ließen, war es beim zweiten Tor für die Gäste, welches in Unterzahl fiel, schon erschreckend zu beobachten, wie halbherzig dem Spieler nachgegangen wurde, der mit einem schönen Schuss in den Winkel auch Andryukhov im Tor keine Chance ließ.
Zwei Warn- und Weckschüsse, aus denen die Frankfurter aufwachen hätten müssen. Was sie für einen Moment auch taten, denn das 5:2 folgte nur 16 Sekunden später.
Zunächst schien es beruhigend. Doch das sollte sich als Fehleinschätzung erweisen.
Es folgte eine doppelte Überzahl für die Gäste, die in dieser sogar den Torwart vom Eis nahmen und somit ein 6 gegen 3 spielten, was ihnen den erhofften Erfolg einbrachte. 5:3 stand es nur noch und man erwartete nun eine gewisse Gegenreaktion der Löwen, die die einfache Unterzahl gut runterspielen konnten.
Die nächste Situation war kurios. Ein Schuss der Löwen von der blauen Linie ging an den Pfosten (leider wirklich nur an den Pfosten), sprang aber so ins Feld zurück, dass Spieler, Fans und auch die Torsirene für einen kurzen Moment den Torjubel einstimmten. Die Refs winkten korrekterweise ab, jedoch schalteten nur die Gäste wirklich schnell und konterten die Löwen einfach aus, welche so konsterniert waren, dass sie das Spielen so gut wie eingestellt hatten.
Auch Andryukhov machte keine gute Figur, denn eine Reaktion zeigte er bei diesem Gegentreffer nicht. Es mag aber auch daran gelegen haben, dass er den Puck wirklich nicht gesehen hat, denn dieser sprang bei einem Verteidigungsversuch zuvor hoch. Scheinbar bemerkte er nicht, dass Pompei diesen mit der Hand mitnahm und ihn sich selbst zur Vorlage für den Torschuss hinlegte. 5:4.
Dass das Spiel auf die letzten Minuten noch einmal so spannend werden würde, hätte man nach den ersten beiden Dritteln absolut nicht mehr erwartet. Aber es war auch noch nicht zu Ende.
Verunsicherte Löwen, die nun ein ganz anderes Gesicht als in den ersten beiden Dritteln zeigten, schwammen förmlich bei den Angriffen der Gäste, die ihren Goalie fast permanent vom Eis hatten. Das Empty Net Tor wollte aber nicht fallen.
Dafür hatten die Gäste das Glück auf ihrer Seite beim 5:5 in der 60. Minute. War es nicht Abseits? Nach meinem Wissen über Eishockey war es das nämlich. Jedoch bin ich mir nicht sicher, wie der Abwehrversuch des Löwen-Spielers bewertet wurde. Ich kann mir aber nur schwer vorstellen, dass das Reinhalten des Schlägers als aktive Passbewegung angesehen wurde. Dennoch wurde es nicht geahndet.
Eine unglückliche Figur machte auch Andryukhov, dessen Fangversuch irgendwie unvollständig war und den Puck in den Torraum fallen ließ, aus dem es für Just ein Leichtes war, aus geringer Entfernung abzustauben.
Ausgleich also und knappe 40 Sekunden in der regulären Spielzeit.
Man machte sich gedanklich schon mit der Verlängerung vertraut, aber die Ravensburger drängten und die Löwen schwammen und ertranken in letzter Sekunde. Exakt bei 59:59 zappelte der Puck zum sechsten Mal in diesem Drittel im Netz der Löwen. Ein regulärer Treffer, ein Montagsschuss aus halbrechter Position, der verdeckt und somit nicht wirklich gehalten werden konnte.
Ob es nun Abseits war oder nicht beim Ausgleich; entscheidend war dies so gesehen nicht. Es waren schlichtweg die schwächsten zehn Minuten, gar das schwächste Drittel in dieser Saison, das die Löwen gespielt haben. Selbst den Gegner einladen und aufbauen, zu selten mit eigenen Offensivaktionen vor dem gegnerischen Gehäuse und am Ende fehlte auch die beruhigende Reaktion der Trainer mit einer möglichen Auszeit. Oder war diese bereits genommen worden? Ich meine nicht.
In wie weit dieses Spiel, dieser Verlauf, in den Köpfen der Spieler bleibt, gilt es abzuwarten. Am Mittwoch geht es in Ravensburg weiter und bei diesem Spiel können die Puzzle-Städter durchaus schon eine Weiche stellen. Es sei denn, die Löwen trotzen den Towerstars nun die Serie komplett aus der Hand. Beide Richtungen sind möglich.
Löwen Frankfurt – Ravensburg Towerstars 5:6 (1:0 3:0 1:6)
1:0 Brett Breitkreuz ( Dávid Skokan , Matthew Pistilli ) PP1 16:14
2:0 Dávid Skokan ( Matthew Pistilli , Maximilian Faber ) PP2 31:27
3:0 Adam Mitchell ( Eduard Lewandowski , Mathieu Tousignant ) PP1 32:22
4:0 Dávid Skokan – Penalty 37:07
4:1 Andreas Driendl ( Mathieu Pompei ) EQ 42:54
4:2 Robin Just ( Pawel Dronia , Andreas Driendl ) SH1 49:21
5:2 Lukas Koziol ( Carter Proft , Dalton Yorke ) EQ 49:37
5:3 Robin Just ( Robbie Czarnik , Andreas Driendl ) PP2 EA 52:47
5:4 Mathieu Pompei ( Andreas Driendl , Robin Just ) EQ 56:26
5:5 Robin Just ( Andreas Driendl , Daniel Pfaffengut ) EQ EA 59:22
5:6 Thomas Supis ( Pawel Dronia , Robbie Czarnik ) EQ 19:59
Zuschauer: 6.267